Gabriel packte unsere Taschen ins Auto und verabschiedete sich mit "See you in the evening. Have a nice day". Wir indes gingen zum Bootssteg des Kuriftu Resort. Während Gabriel per Auto zum Nordende des Lake Tana fuhr, schipperten wir mit Firew per Boot in Richtung Norden.
Intos Monastery auf einer kleinen Insel (Besuch nur für Frauen erlaubt)
Kibran Gabriel Monastery auf einer weiteren Insel (Besuch nur für Männer erlaubt)
Wir steuerten die Halbinsel Zege am Westufer des Lake Tana an. Fast gleichzeitig mit uns war eine voll besetzte Fähre mit dem Ziel Zege unterwegs.
Vom Bootsanleger aus folgten wir dem Waldweg hinauf zum Kloster Ura Kidane Mihret. Das Kloster wurde bereits im 14. Jahrhundert von dem Heiligen Betre Mariyam gegründet. Die heutige kreisförmige Kirche stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Innenwände sind von oben bis unten mit hunderten von Wandmalereien geschmückt. Sie entstanden wohl zwischen dem Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
Ura Kidane Mihret Monastery
Bemalte Türen in der Aussenfassade
Bemalte Fensternischen in der Aussenfassade
Der bemalte Innenraum
Ura Kidane Mihret Monastery, auf den ersten Blick unscheinbar von aussen, von innen beeindruckend schön mit den religiösen Malereien, wo jedes einzelne Bild eine Geschichte erzählt.
Wir gönnten uns noch einen Kaffee auf Zege, bevor wir unsere Bootstour in Richtung Norden fortgesetzt hatten.
Ein Blick zurück auf Zege peninsula
Blick auf die zentrale Insel im Lake Tana (Dek Island)
Dek Island ist die größte Insel im Lake Tana. 5.000 Menschen leben wohl auf der Insel. Es gibt sechs Kirchen, wovon das Kloster Nagar Selassie das Bekannteste ist.
Zwei Portale, von der westlichen und östlichen Seeseite aus, bilden den Zugang zur Klosteranlage. Sie sind aus Stein, zweigeschossig im Stil der Schlösser von Gondar gebaut. Naga ist nur bei hohem Wasserstand in der Regenzeit mit der Insel Dek verbunden. Die grosse Rundkirche des Klosters Naga Selassie wurde unter der Herrschaft von Kaiserin Mentuab (1730-1755) erbaut.
Nagar Selassie Monastery
Das Kloster Naga Selassie wurde 1956 restauriert. Steinsäulen tragen das Dach als halboffenen äußeren Rundgang (Kene Mahalet). Den inneren Bereich (Mäkdas) - das Heiligtum - betritt man durch große Türen. Das Zentrum der Rundkirche ist das Allerheiligste (Kedus Kedusan) - "Holy of Holies", das nur von hohen Priestern betreten werden darf. Die Wände umschließen einen rechteckigen Raum. Sie sind vom Dach bis zum Boden mit farbenfrohen, den Besucher fesselnden Bildern geschmückt. Sie werden vor schädlicher Lichteinwirkung durch lange Vorhänge geschützt.
Das Kloster Narga Selassie war einer der Drehorte für die Kinderreportage "Schnitzeljagd - Mit Christus um die Welt", produziert für den Kinderkanal des Deutschen Fernsehens. Firew hatte die Filmarbeiten in Äthiopien organisiert und kannte daher den Priester gut. So öffnete sich für uns die Tür zur Schatzkammer des Klosters, was wohl sonst nicht so oft passiert.
Erstklassige Handwerkskunst bis ins kleinste Detail
Wir bedankten uns mit einer kleinen Spende fürs Kloster, dass wir einige der wertvollsten Stücke ihrer Sammlung sehen durften.
Wir setzten unsere Bootstour gen Norden mit Ziel Gorgora fort. Zum Glück spielte das Wetter mit. Sonnenschein und eine leichte Brise versüßten uns den Trip per Boot über den größten See Äthiopiens.
Der Lake Tana liegt auf einer Höhe von ca. 1.840 Metern über dem Meeresspiegel. Die Nord-Süd Ausdehnung beträgt ca. 84 km, die Ost-West variiert mit bis zu 66 km. Etwa 40 Flüsse und Bäche aus einem Einzugsgebiet von rund 15.000 km² bilden den Zufluss des Sees. Er ist die Quelle des Blauen Nil, der, nachdem er sich mit dem Weißen Nil in Khartum verbunden hat, durch den Sudan und Ägypten fließt, bevor er ins Mittelmeer mündet. 85% des Wassers im Nil stammt aus Äthiopien und dem Einzugsgebiet des Lake Tana, was bedeutet, dass das Gebiet von großer internationaler Bedeutung ist, um die Wasserversorgung aller nachgelagerten Länder sicherzustellen. Seit 2015 ist der Lake Tana als UNESCO Biosphärenreservat anerkannt.
Tim & Kim Village in Gorgora ist ein hübsches Plätzchen, dem der Tim wohl zwischenzeitlich abhanden gekommen ist und die gepriesene Gastlichkeit nicht wirklich gelebt wird.
Sonnenuntergang am Lake Tana in Gorgora - leider mit zahlreichen Wolken am Himmel
Es war Sonntag. Bevor wir nach Gondar aufbrachen, wollten wir uns noch die Debre Sinai Monastery in Gorgora anschauen. Doch fand an diesem Tag kein normaler Gottesdienst statt, wie erwartet. Gleich vier Brautpaare gaben sich in Debre Sinai das Ja-Wort. Als wir ankamen, war die Zeremonie noch in vollem Gange. Wir lauschten den Gesängen, begleitet von dem beeindruckenden Klang der Trommeln. Es folgten Segenswünsche verschiedener Priester, verbunden mit Ratschlägen, was die Kirche von einer guten christlichen Eheführung erwartete. Es war sehr beeindruckend mitzuerleben, wie der Äthiopisch Orthodoxe Glauben von seinen Mitgliedern praktiziert wird.
Debre Sinai Monastery in Gorgora
Debre Sinai ist eine der wenigen Kirchen der Region Gondar, die nie zerstört wurde und somit über all die Jahrhunderte original erhalten blieb. Man meint, dass sie aus der Zeit des Kaisers Amda Seyon (1314-1344) stammt. Die rechteckig angeordneten Wände und der Zylinder zur Decke hin, die das Allerheiligste umschließen, sind auch hier mit aussergewöhnlichen Gemälden auf Leinwand geschmückt. Eine Widmung an der westlichen Wand unter dem Bild der Jungfrau weist darauf hin, dass die Malereien von Woizero Meleko Tawit, einer Schwester von Kaiser Fasiledas, gestiftet wurden. Die Gemälde von Debre Sinai Monastery sind typische Repräsentanten des frühen Gondar Stiels und gehören zu den ältesten ihrer Art in Äthiopien. Leider sind die Bilder im unteren Bereich stark beschädigt. Debre Sinai ist kein Museum sondern eine lebendiges Gotteshaus.
Aus einem einzigen Stück geschnitzte Fenster - offene Gitter mit Rankenmuster
Das konische Dach der Rundkirchen wird, wie hier zu sehen, an seiner Spitze über dem Mittelpfosten meist von einem Kreuz mit sieben Straußeneiern geschmückt. Sie sollen eine magische Bedeutung besitzen.
Wir waren von den Kunstdenkmälern Äthiopiens erneut sehr beeindruckt.
Auf halber Strecke von Gorgora nach Gondar, in Kola Diba, war geschäftiges Treiben auf der Hauptstrasse. Es war Markttag. Zeit hatten wir genug. Also stürzten wir uns hinein ins Getümmel.
Die Lodge Fasil liegt ideal, um die alten Festungsanlagen von Fasil Ghebbi zu erkunden. Zur Begrüßung in der Lodge hüpfte ein wunderschöner Turako durch die Bäume im Garten.
Weißohrturako - White-cheeked Turaco (Tauraco leucotis) - endemisch zu Äthiopien
Kaiser Fasiledas begann 1636 mit dem Bau seines Palastes in Gondar. Ein zu Stein gewordenes Feldlager, das sind die Paläste von Fasil Ghebbi eigentlich. Die Kaiser vorangegangener Perioden hatten in mobilen Zeltstädten gelebt.
Vielleicht ist der Ursprung dieses ersten Bauwerkes in Gondar, das in ganz Afrika nicht seinesgleichen findet, aber auch im Mythischen zu suchen? Es wird erzählt, dem jungen Kaiser sei im Gebirge oberhalb des Tana-Sees ein alter Mann erschienen, der ihm gebot, hier an der Stelle eines vorhandenen Teiches ein Schloss zu bauen. Ganz im Sinne seiner Vorgänger, von denen jeder ein neues Lager errichtet hatte, gehorcht der Herrscher. Er baute aber nicht mit Holz, Lehm und Stroh, wie seine königlichen Vorfahren, sondern in Stein. Und seine Burg überdauert die Zeiten.
Mit der Schaffung einer ersten festen Hauptstadt begann auch ein wichtiges Zeitalter der Kunst. Die Anlage wurde durch Fasiledas Nachfolger zu einem ganzen Palastbezirk ausgebaut.
Als eine der letzten Gondar-Dynastien regierte Kaiserin Welata Georgis, genannt Mentuab. Danach zerfiel das Reich wieder in Fürstentümer. Ab 1864 waren die Paläste schutzlos Plünderungen ausgesetzt. Die Festungsanlage mit seinen rund 70.000 Quadratmetern ist komplett von einer 900 Meter langen Mauer mit zwölf Eingängen und drei Brücken umgeben.
Innerhalb der Fasil Ghebbi Festungsanlage befinden sich: das Schloss von Kaiser Fasiledas, das Schloss von Kaiser Iyasu, die Bibliothek und die Kanzlei von Tzadich Yohannes; das Schloss von Kaiser David, der Palast von Mentuab und der Bankettsaal des Kaisers Bekaffa.
Der alte Löwe und die junge Gazelle hinter historischen Gittern - ein wenig Spass muss immer sein
Wow. Fasil Ghebbi wurde zu Recht 1979 in die Liste des UNESCO World Heritage aufgenommen. Man kann sich kaum vorstellen, wie das gesamte Areal aussehen würde, wenn es nicht 1881 durch einen Angriff von Anhängern des Mahdi (einer islamischen Glaubensrichtung) und 1941 durch britische Luftangriffe beschädigt wurden wäre.
Hochzeitspaare nutzten die Kulisse für ihr Fotoshooting und Kinderaugen folgten uns aufmerksam beim Kaffeetrinken.
Guineataube - Speckled Pigeon (Columba guinea)
Dinner gab es natürlich im The Four Sisters Restaurant. Es ist eine Institution in Gondar - traditionell, exzellente Gastlichkeit, ein Plätzchen zum rundum Wohlfühlen. Eigentlich sind es ja nur drei Schwestern, denn Lady No. Four ist die Tochter der ältesten diese wundervollen Damen, doch das ist nur positiv zu werten. Ein Mix aus allem, was die traditionelle Küche zu bieten hatte und dazu Honigwein, der in nie leer werdenden Karaffen ausgeschenkt wurde, versüßten uns den Abend - wir schliefen wie Babies.
Nilgans - Egyptian Goose (Alopochen aegyptiaca)
Jenseits der alten Stadtgrenzen, nordwestlich des Flusses Qaha, befindet sich ein zweistöckiger Pavillon - der Badepalast, der ebenfalls Kaiser Fasiledas zugeordnet wird. Das Gebäude ist zweigeschossig mit Zinnen und steht innerhalb eines rechteckigen Wasserbeckens. Das Becken wird über einem Kanal aus dem nahen Fluss mit Wasser befüllt. Der Badepavillon selbst steht auf Pfeilern und enthält mehrere Räume, die über einer Steinbrücke erreicht werden können.
Das Bad von Fasiledas
Schleiereule - Barn Owl (Tyto alba)
Heute wird das Wasserbecken am Bad von Fasiledas nur noch einmal im Jahr mit Wasser gefüllt, nämlich zum Timkat Fest. Timkat, übersetzt aus dem Amharisch, bedeutet "Taufe" - die Taufe Jesu Christi am Jordan durch Johannes den Täufer wird dann feierlich zelebriert.
Debre Berhan Selassie Monastery Gondar
Die Kirche Debre Berhan Selassie liegt auf einem kleinen Hügel am Stadtrande von Gondar. Die Anlage macht auf Grund ihrer hohen, sie umgebenden befestigten Mauern mit Türmen den Eindruck einer Wehrkirche.
Ein Eingangsportal, in dessen oberem Stockwerk sich heute die Priesterschule befindet, gibt dem Besucher den Hof frei. Es ist zweigeteilt, ein Zugang war für den Adel und der andere für die Gemeinschaft bestimmt.
Debre Berhan Selassie stammt aus der Zeit der Herrschaft von Kaiser Iyasu (1682-1706). Die Kirche wurde nie zerstört. Man erzählt sich, als 1881 Derwische versuchten, die Kirche nieder zu brennen, sie von Bienen attackiert wurden. Diese Kirche ist rechteckig, ähnlich der antiken Architektur in Axum. Der offene Säulengang wurde erst später angefügt, um die Kirche vor Schäden zu bewahren.
Die inneren Wände des ersten Raumes sind komplett mit Bildern dekoriert, gemalt auf Stoff und anschließend auf die Flächen geklebt. Themen der Bilder sind das Leben Christi, Marias und von verschiedener Heiligen, aber auch die Dreifaltigkeit (Gottvater, Gottessohn und der Heilige Geist) ist, wie überall in den Klöstern in Äthiopien, zu sehen. Die Decke besteht aus dicken Balken und ist über und über mit geflügelten Engelsköpfen, die auf den Besucher herunter schauen, geschmückt.
Der Stiel der Bilder ist ohne Zweifel typisch Äthiopisch, obwohl hier teils die ersten Europäische Einflüsse zu erkennen sind.
Der heilige Georg auf seinem weißen Pferd tötet den Drachen
Im Garten der Kirche fühlten sich auch die endemischen Weißringtauben (White-collared Pigeon) wohl. Für uns war es Zeit für den Lunch Break. Am Nachmittag bummelten wir zunächst durch die Geschäftsstraßen von Gondar.
Natürlich schauten wir auch in die Bäckerei, wo in Holzbacköfen täglich tausende von Brötchen für den lokalen Markt gebacken werden. Auch ein Blick in die Mühlen war stets interessant. Ein Geruch von unterschiedlichen Gewürzen lag stets in der Luft. Jeder Kunde kann hier seine auf dem Markt gerade gekauften Gewürze zu seiner persönlichen Gewürzmischung vermahlen lassen.
Mühle in Gondar
Wolleka, ein Dorf wenige Kilometer ausserhalb von Gondar, war einst die Heimat vieler Falasha (Beta Israel). Das sind Äthiopier jüdischen Glaubens. Mit der Operation Moses 1984 haben viele Juden ihre Heimat Äthiopien verlassen und sind nach Israel geholt wurden. Das Dorf hat seinen jüdischen Charakter behalten und die einst praktizierte Handwerkskunst der Falasha hat auch überlebt. In einem Sozialprojekt für Frauen werden Töpferwaren und Korbwaren hergestellt. Es gibt eine Weberei und die traditionellen weißen äthiopischen Kleider werden bestickt. Leider hinterließ die etwas aufdringliche touristische Vermarktung bei uns einen faden Beigeschmack.
Blick von der Terrasse des Goha Hotels auf Gondar
Reisen Sie mit uns weiter in den Norden von Äthiopien
und begleiten Sie uns auch in die Danakil. Es lohnt sich.