Für den Abschluss unserer Tour ging es in die Mara. Wir hatten uns für zwei verschiedene Regionen entschieden. Für die ersten drei Nächte hatte Zarek eine der Mobile Campsites in der Mara Naboisho Conservancy organisiert. Darüber freuten wir uns riesig, denn so hatten wir die Möglichkeit, dieses wunderschöne Fleckchen Erde in einem für uns vertretbaren Kostenrahmen zu erkunden.
Wir hatten einen langen Fahrtag vor uns. Ca. 300 km ist die Distanz von Kakamega bis Naboisho. Doch ehe es losgehen konnte, mussten unsere Vorräte für die verbleibenden Tage ein letztes Mal aufgefüllt werden. Es war ein Sonntag. Kurz bevor der Nakumatt in Kakamega Town öffnete, standen wir schon auf dem Parkplatz. Nachdem Vincent seine Einkäufe verstaut hatte, ging es zunächst nach Kisumu. Kisumu ist die drittgrößte Stadt in Kenya und liegt am Lake Victoria. Teeplantagen - soweit das Auge reichte - säumten rechts und links die Straße nach Kericho. Der westliche Teil des Kenyanischen Hochlandes ist das größte Teeanbaugebiet des Landes. Weiter ging es über Sotik bis wenige Kilometer hinter Bomet auf guten Asphaltstraßen. Nun mussten wir die Hauptstrasse in Richtung Süden verlassen. Auf den letzten 75 km hatten uns die Rüttel- und Schüttel-Pisten Kenyas endlich wieder. Es ist zwar die am wenigsten genutzte Zufahrt zur Mara, doch sollen die anderen Zufahrtsmöglichkeiten auch kein bisschen besser sein. Pünktlich vor dem Sonnenuntergang erreichten wir unser Zuhause irgendwo im Busch von Naboisho. Zarek hatte zwar GPS Koordinaten für die Campsite bekommen, doch in einem Format, dass man in sein Navi nicht eingeben konnte. So musste Zarek seine hervorragende Ortskenntnis von Naboisho, gepaart mit ein wenig Glück, unter Beweis stellen, um den richtigen Platz zu finden.
Am 28.03.2010 unterzeichneten die Landeigentümer, das sind über 500 Maasai Familien, die Verträge zur Verpachtung von insgesamt 500 km² ihrer Landflächen an die Mara Naboisho Conservancy. Naboisho bedeutet in der Sprache der Maasai "Come together". Naturschützer und Investoren hatten ein Vision vor Augen, wie überweidetes Land in ein Paradies für die Tierwelt zurück verwandelt werden kann und die Grundbesitzer sowohl finanziell als auch aus sozialer Perspektive ebenfalls davon profitieren können. Die Mara Naboisho Conservancy ist heute die zweitgrößte Conservancy in der Greater Mara Region und grenzt im Süden an das Masai Mara National Reserve.
"Coffee is ready". Es war noch dunkel, als unser leiser Weckruf ertönte. Wir hatten bestens geschlafen, begleitet vom Bellen der Schakale und dem lauten "wuup" der Hyänen. Mit dem ersten Licht des Tages starteten wir zum Game Drive.
Zum Auftakt gab es für uns eine Elefantendame mit ihrem Kalb im schönsten Morgenlicht. Obwohl das Kleine schon fleissig Grünzeug vertilgte, versuchte es immer wieder, einen Schluck Milch von seiner Mutter zu bekommen. Mum war jedoch mit Frühstücken so beschäftigt, dass sie den Wünschen ihres Sprösslings keine Beachtung schenkte.
Die offene Landschaft in Naboisho mit ihren sanften Hügeln hat uns vom ersten Moment an begeistert. Egal wohin man schaute, überall entdeckte man Leben im Bush.
Ein Gepard schaute den vorbei ziehenden Gnus interessiert hinterher - zu groß für ein Frühstück, seine Entscheidung. Leider war er recht weit weg von der Piste. Da zwei andere Fahrzeuge bereits anwesend waren, fuhren auch wir nicht näher heran.
Elefanten zu beobachten, das wird nie langweilig. Auch diese kleine Herde war emsig beim Fressen. Ein Ast nach dem anderen wurde abgebrochen, um anschließend in ihren Mäulern zu verschwinden. Von uns nahmen sie überhaupt keine Notiz.
Ein Buschland - prall gefüllt mit Leben - das war es, was wir auf unserem ersten Game Drive in Naboisho vorgefunden hatten. Topi, Kongoni, Thomson Gazellen, Impalas und Warzenschweine grasten friedlich Seite an Seite - eingerahmt in eine bezaubernde Landschaft.
Leierantilope - Topi (Damaliscus lunatus topi)
Kongoni-Kuhantilope - Coke's Hartebeest or Kongoni (Alcelaphus buselaphus cokii)
Nach einer Mittagspause auf unserer Campsite ging es ab 15:00 Uhr wieder auf Game Drive. Ein Schakal versuchte die Reste eines Kadavers zu verteidigen, doch er hatte gegen die immer größer werdende Schar von Geiern keine Chance.
Weißrückengeier - African white-backed Vulture
(Gyps africanus)
Ohrengeier - Lappet-faced Vulture
(Torgos tracheliotus)
Ein Hippo lag in einer kleinen Vertiefung regungslos direkt neben der Piste. Wir dachten im ersten Moment, es sei tot. Doch plötzlich rappelte es sich auf und ging seiner Wege, schwer gezeichnet von einem Kampf. Sorry liebes Hippo.
Thomson Gazelle - Thomson's Gazelle (Eudorcas thomsoni)
Usambirobartvogel - Usambiro Barbet (Trachyphonus usambiro)
Dreiband-Regenpfeifer - Three-banded Plover (Charadrius tricollaris)
Highlight des Nachmittags waren Löwen. Wir hatten ein hübsches Pärchen entdeckt. Doch was tun Löwen am frühen Nachmittag am liebsten - schlafen.
Als wir jedoch zwei Stunden später wieder vorbei schauten, kam langsam etwas Bewegung in die Truppe. Auch hatte sich die Anzahl inzwischen verdoppelt, denn nun waren auf dieser Seite der kleinen Insel aus Buschwerk zwei stattliche Männchen und zwei hübsche Ladys.
Wir waren hier natürlich nicht alleine. Drei andere Guides beobachteten mit ihren Gästen das Geschehen ebenfalls. Zarek meinte, lasst uns noch auf die andere Seite des Busches schauen, ehe es dunkel wird. Da sollen noch weitere Löwen sei. Es gab hier vier neue Männchen, die im Mai 2016 vom Masai Mara National Reserve kamen und in Naboisho ein Rudel übernommen hatten. Richtig, auf der anderen Seite der Büsche war noch ein frisch verliebtes Löwenpärchen.
Erst relaxen, dann eine schelle Paarung und nach getaner Arbeit ein Drink - dazwischen lagen gerade einmal vier Minuten. Für uns wurde es langsam Zeit, zum Camp zurückzukehren. Die Sonne war längst untergegangen.
Die Rücktour war ein kleiner Night Drive, doch ohne besondere Sichtungen. Die folgte erst, als wir im Camp angekommen waren. Wir waren kaum aus dem Auto ausgestiegen, als eine Löwin geradewegs auf unsere Campsite zu marschierte. Zarek sprang sofort ins Auto zurück, startete und zwang die Löwin somit, ihre Richtung ein wenig zu korrigieren. Er bat uns anschliessend eindringlich, dass Zelt diese Nacht besser nicht zu verlassen oder falls doch nötig, sehr vorsichtig zu sein. Das machten wir doch gern, denn wir wollten ja noch einige Tage die Mara genießen.
Löwengebrüll begleitete uns in der Nacht und auch ein Schakal war in der Nähe unserer Zelte. Mit dem ersten Licht des Tages, schauten wir in der näheren Umgebung, wo sie waren. Drei Löwinnen entdeckten wir etwa 300 Meter von unseren Zelten entfernt im Gras. Bevor es ein Foto gab, fuhr Zarek zum Camp zurück, um Vincent zu warnen. Das war den Damen nun doch zu viel Hektik am Morgen. Sie suchten sich ein ruhigeres Plätzchen. Wir konnten sie anschließend nicht wieder finden.
Unser Schakal war wohl auf dem Weg zu seinen Kindern, denn kurz darauf entdeckten wir einen Bau mit Welpen.
Ups und plötzlich waren es drei. Die kleinen Kerle zu beobachten, ist eine wahre Freude. Immer wieder verschwanden sie in ihrem Bau, doch es dauerte nie lange, bis sie voller Neugier wieder zum Vorschein kamen. Sie warteten sicher auf ihre Eltern für ein leckeres Frühstück.
Mit grossen Gekreische zankten sich unzählige Geier um einen frischen Kadaver. Auch ein Marabu war mit von der Partie. Ein Schakal wartete etwas abseits sehnsüchtig auf seine Gelegenheit.
Wie von Geisterhand gesteuert, zogen sich die Vögel plötzlich vom Kadaver zurück und überließen die Reste eines Impalas dem Schakal. Wir hatten keine Ahnung, warum sie es taten.
Raubadler - Tawny Eagle (Aquila rapax)
Wir entdeckten eines der neu leierten Löwenpärchen in den offenen Plains. Auch wenn es zu Beginn so aussah, als ob es eventuell eine Jagd geben könnte, an den Antilopen in den Plains hatten die Beiden kein Interesse.
Wir begleiteten sie auf ihrem Weg, fuhren ein Stück voraus, warteten bis sie kamen - dann das Ganze von vorn. Immer wieder schauten sich die Löwen um, ob der Partner noch folgte - je nachdem, wer von den Beiden voraus lief. So streiften wir mit ihnen fast eine Stunde lang durch die offene Ebene. Das Tempo, was sie vorgaben, war enorm. Irgendwann war es an der Zeit für sie, sich ein Plätzchen im Schatten zu suchen. Wir verabschiedeten uns und wollten sie nicht weiter stören. Wir hatten diese wunderschönen Löwen die ganze Zeit für uns alleine - ein Traum.
Als Ergänzung fügen wir hier den Newsletter "Lion Trail" von September/ Oktober 2016 vom Mara Lion Project zu den Löwen in der Mara Naboisho Conservancy ein.
Man hatte das Gefühl, allein auf der Welt zu sein, denn von den wenigen Gästen der Lodges merkt man kaum etwas. Man sieht ab und an ein anderes Fahrzeug, das war es aber auch.
Kirkdikdik - Kirk's Dikdik (Madoqua kirkii)
Ob das Cavendish's Dikdik in der Mara nun eine Unterart des Kirkdikdik (Madoqua kirkii cavendishi) ist oder neuerdings als ein eigene Art (Madoqua cavendishi) geführt wird, darüber sind sich selbst die Gelehrten noch nicht einig.
Mwanza Flat-headed Agama (Agama Mwanzae)
Wir schauten speziell auf die Bäume entlang der kleinen Wasserläufe. Doch es war wie verhext - Leoparden Fehlanzeige. Manchmal haben wir das Gefühl, als ob Geparden und Leoparden uns auffordern wollen, wieder zu kommen. Alles so nach dem Motto, das nächste Mal könnt ihr uns in voller Pracht genießen - heute verstecken wir uns.
Einer der Hippo Pools im Enisikiria River war unsere nächste Station. Doch zuvor schauten wir einigen Nimmersatt Störchen (Yellow-billed Stork) bei der Gefiederpflege zu.
Nimmersatt - Yellow-billed Stork (Mycteria ibis)
Zarek war 2009 das erste Mal in dem Gebiet, was heute die Mara Naboisho Conservancy ist. Es gab damals Gespräche zur Gründung der Conservancy, doch war noch nichts passiert. Uns interessierte natürlich sehr, wie das Land damals aussah und wie es sich durch die Arbeit der Conservancy entwickelt hatte. Dieses Insiderwissen möchten wir hier gern mit Zarek's freundlicher Genehmigung einfügen.
2009 war ein besonders trockenes Jahr in Kenya. Viele Flüsse im Land führten kein Wasser mehr, so auch der Talek River. Der Mara River war nur noch ein Rinnsal. Maasai aus dem Amboseli Gebiet hatten mit ihrem Vieh den weiten Weg über das Rift Valley in Richtung Mara auf sich genommen, um etwas Gras für ihr Vieh zu finden. Tote Kühe säumten ihren Weg bis westlich der Mara. Die Situation war schrecklich und Gras sehr gefragt. Zu dieser Zeit war Naboisho für seine Tsetsefliegen bekannt, weshalb es historisch noch keine dauerhafte Besiedlung gab. Es wurde jedoch von den umliegenden Gemeinden als Weidefläche in der Trockenzeit genutzt. 2009 kamen alle Rinder, die vom Rift Valley westlich getrieben wurden, durch Naboisho. Zusammen mit den Ziegen und Schafen frassen sie alles Gras. Ein kahler staubiger Boden blieb zurück. Die ansässige Büffel-Population ging dramatisch zurück, denn es gab nichts mehr zu fressen. Spuren von Löwen und Leoparden waren vorhanden, doch sie ließen sich nicht blicken. Bei dem trostlosen Anblick konnte sich Zarek nicht vorstellen, dass Touristen je viel Geld für eine Safari in diesem Gebiet zahlen würden.
Sofort nach der Gründung der Conservancy in 2010 wurde jegliches Weiden von Rindern untersagt, damit sich das Gras regenerieren konnte. Zwei gute Regenzeiten in 2010 sollten dafür ausreichend sein. Die einjährigen Gräser kamen und wuchsen sehr schnell. Nun gab es zu viel Gras, dass zu lang war, um von den Wildtieren genutzt zu werden. Wild Reichtum - erneut Fehlanzeige. Am Ende der Saison starben die einjährigen Gräser ab und bildeten nun eine dichte flache Matte auf den Böden, durch die die meisten mehrjährigen Pflanzen nicht mehr durchbrechen konnten. Das Management entschied, dass das erneute, aber kontrollierte Weiden von Rindern die einzige Lösung für das Problem war, um die Matte aus abgestorbenen einjährigen Gräsern zu zertrampeln und die verbliebenen langen Gräser zu reduzieren. Es wurde ein jährlicher Weideplan entwickelt, der in kleinem Maßstab die Wanderbewegung der großen Pflanzenfresser simulieren sollte. In den nächsten zwei Jahren hatte sich die Qualität des Graslandes stark verbessert. Gebiete mit vormals kahlem Boden wurden von gesunden mehrjährigen Gläsern bedeckt, welches kurz gehalten wurde und kleine und mittelschwere Wildtiere anzog. Bäume und Sträucher in der Nähe der alten, temporär genutzten Maasai Bomas begannen sich zu regenerieren. Die alten Bomas selbst, die mit einer dicken Schicht Kuhmist bedeckt waren, wurden Anziehungspunkt für verschiedene Arten von Plain Game. Auch Elefanten kamen wegen der kaliumreichen Kriech-Quecken (Couch Grass) und Hundszahngräser (Star Grass), die den Kuhmist mit einem gesunden grünen Teppich bedeckten. Die ersten Lodges wurden 2011 eröffnet und in der Hochsaison 2012 hatte sich das Gras in den Ebenen stabilisiert. Die Grasfresser unter den Wildtieren waren zurück und die Raubtiere hatten sich langsam an die Fahrzeuge gewöhnt.
Die Artenvielfalt in Naboisho hat sich seit Zarek's ersten Besuch bis heute überaus positiv entwickelt. Noch ist nicht alles perfekt. Doch ist Naboisho eines der am besten gemanagten Gebiete im Mara Ökosystem, mit dem echten Wunsch, eine dauerhafte Lösungen für Mensch und Wildtiere in dieser Gegend zu finden - so Zarek's persönliche Meinung.
Zum Abschluss des Tages lief uns ein Rudel Hyänen über den Weg. Doch es wurde bereits dunkel. Für Fotos fehlte schnell das Licht. Vincent erwartete uns zum Dinner. Die Zeit war wie im Flug vergangen, denn es war unser letzter Abend in Naboisho.
Nach dem Frühstück mussten wir unsere Zelte abbauen. Wir nutzten den Transfer in Richtung Talek als letzten ausgiebigen Game Drive in Naboisho. Zur Begrüßung des neuen Tages gab es erneut kleine Schakale, doch es war nicht derselbe Bau wie am Vortag.
Das lustige Treiben von Graumantelwürgern (Grey-backed Fiscal) um einen toten Baum herum, lud uns zum Verweilen ein.
Graumantelwürger - Grey-backed Fiscal (Lanius excubitoroides)
Zwei junge Löwen wärmten sich in der Morgensonne. Es war unser Abschiedsgeschenk von Naboisho. Wir hatten genug Zeit, sie ausgiebig bei ihrer Katzenwäsche und ihrem morgendlichen Begrüßungsritual zu beobachten.
Ein letztes Mal verzauberte uns die Landschaft und ihre tierischen Bewohner. Naboisho ist ein Fleckchen Erde, an das wir gern zurückdenken. Es war einfach toll, dass wir hier im Busch Campen durften.
Schmutzgeier - Egyptian Vulture (Neophron percnopterus)
Es gibt einen kleinen Hügel in Naboisho, von dem man einen 360° Rundblick über die Conservancy hat. Zwei Wochen eher war hier wohl noch alles voller Gnus. Nun waren sie bereits auf dem Rückweg in Richtung Serengeti.
Ein letztes Mal stoppten wir in Naboisho am Orngaboli Lugga. Orngaboli ist das Maasai Wort für Maulbeer-Feige (Sycamore Fig). Der Trockenfluss wurde nach dem fotogenen, zweigeteilten Baum im unten gezeigten Foto benannt.
Maulbeer-Feige - Sycamore Fig (Ficus sycamorus) am Orngaboli Lugga
Reisen Sie mit uns weiter zur letzten Station unsere Kenya Tour. Begleiten Sie uns in den Mara Triangle. Es lohnt sich.