Gegen 17:00 Uhr erreichten wir das Tangi Gate im Norden des Murchison Falls National Park, doch wir hatten noch einen weiten Weg vor uns. Unser Ziel des Tages war die Delta Campsite am Victoria Nile Delta. Buschcamping im besten Safari-Gebiet des Murchison für drei Nächte - das war der Plan. Die Formalitäten erledigte Hamidu in Paraa. Dann ging es Richtung Delta Point. Wir sollten uns am Ranger-Outpost melden, sie würden informiert werden, dass wir kommen - so die Auskunft im Headquarter.
Dennis, ein junger Mann, schmiss sich schnell in seine Ranger-Uniform und schnappte sein Gewehr, als wir den Outpost erreichten. Wir fuhren voraus und er kam die kurze Strecke zu Fuß durch den Busch. Die eigentliche Campsite ist inmitten einer Bauminsel - schattig, doch ohne einen offenen Blick in die Umgebung. Das gefiel uns so gar nicht. Wir suchten uns unweit ein schönes Plätzchen mit Aussicht. Wir bauten die Zelte auf. John war wie immer um diese Zeit in seiner Buschküche beschäftigt. Dennis organisierte Feuerholz. Bis es dunkel wurde, blieb noch genug Zeit für eine erfrischende Buschdusche hinterm Zelt. Ein langer Fahrtag neigte sich dem Ende. Am Campfire fand er seinen Ausklang mit all den Tieren drumherum.
Ein neuer Tag erwachte mit Vogelgezwitscher zur Begrüßung. Eine Horde Paviane kam langsam von Ihren Schlafbäumen hinter uns herunter. Ein paar Wasserböcke grasten friedlich in Sichtweite. Hippos unterhielten sich auf ihre lautstarke Weise. Das ist Buschcamping, wie wir es lieben.
Auch Hamidu hatte gut geschlafen. War er doch vor dem Start unserer Tour etwas skeptisch gewesen, als er von Tony über den Reiseverlauf informiert wurde. Er erzählte uns, dass er natürlich all diese Plätze in den Parks von den vielen Gamedrives in den vergangenen Jahren gut kannte, sich aber in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen konnte, je in seinem Leben da selbst zu zelten. Jeden Tag genoss er es mehr. Um Denis, unseren Ranger, machten wir uns ein wenig Sorgen. Er hatte kein Zelt von UWA zur Verfügung gestellt bekommen. So saß er die halbe Nacht am Feuer und versuchte die übrige Zeit, ein wenig in unserem Auto zu schlafen. Für uns ist das mehr als verantwortungslos von der Parkverwaltung.
Bevor wir zum ersten Game Drive starteten, fragte uns Dennis, was wir gern sehen möchten. Da gab es kein Überlegen - Shoebill war die Antwort. Wir hatten im Züricher Zoo das erste Mal in unserem Leben Shoebills (Schuhschnabel) gesehen. Bewegungslos, wie diese Vögel oft so darumstehen, dachten wir im ersten Moment, es seien Statuen - bis sich deren Augen plötzlich bewegten. Diesen seltenen, prähistorisch anmutenden Vogel wollten wir gern in der freien Natur sehen. Zehn Minuten später präsentierte uns Dennis bereits den ersten. Er stand weit entfernt im Sumpf des Deltas. Doch es sollte nicht der Einzige bleiben.
Der Schuhschnabel gehörte früher zu den Schreitvögeln. Heute ordnet man ihn den Ruderfüßern (Pelecaniformes) zu. Auf Grund seiner einzigartigen Morphologie ist er der einzige Vertreter der Familie Balaenicipitidae.
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Den Buligi Track am Victoria Nile konnten wir nicht weiter fahren - es war zu nass um diese Jahreszeit. So waren wir hauptsächlich im Gebiet zwischen Victoria Track, Queen's Track und Albert Truck unterwegs. Es ist ein wunderbarer Mix aus Buschland, offener Ebene und Wasser, Heimat für viele Tiere und eine bunte Vogelschar - Safari pur.
In der Mittagshitze ging es zurück zur Campsite. Dennis hatte bei den Fischern vom Lake Albert frischen Fisch für uns geordert - einfach köstlich, wie ihn John mit hausgemachten Pommes zubereitete. Ein wenig Schatten für Küche und Essplatz lieferten uns eine kunstvoll aufgespannte Plane. Man kann es natürlich auch ganz afrikanisch handhaben.
Hamidu beim Feuerholz sammeln
Nach dem obligatorischen Kaffee - Tee Time ist etwas für Engländer - ging es erneut auf eine ausgiebige Erkundungsreise. In den frühen Morgenstunden und am späten Nach-mittag waren wir stets allein unterwegs. Die wenigen anderen Fahrzeuge hatten einen weiten Weg von oder nach Paraa und zur Fähre. Am Abend versammelten sich Unmengen von Giraffen in den offenen Ebenen um Kobs Leks und am Albert Truck. Bei Einhundert haben wir aufgehört zu zählen.
Rothschild-Giraffe - Rothschild's giraffe (Giraffa camelopardalis rothschildi)
Als wir zur unserem Buschcamp zurück kamen, war es bereits stock dunkel. Das Campfire loderte. John wartete sehnsüchtig mit seinem nächsten leckeren Fischgericht auf uns. Er erzählte uns von seinen nachmittäglichen Besuchern - außer Tiere hat er niemanden gesehen. Unsere Paviane hatten sich bereits zur Nachtruhe begeben. Diese wurde jedoch gegen Mitternacht abrupt gestört. Wir erwachten durch eine eindringliche Geräuschkulisse. Ein Leopard rief in die Nacht. Die Paviane kreischten aufgeregt in ihren Bäumen. Das ging eine ganze Weile so, bis eine Hetzjagd quer durch unser Camp verlief. Danach war wieder Totenstille. Als die Dämmerung einsetzte, war kein einziger Pavian mehr auf den Bäumen. In der folgenden Nacht kehrten sie nicht mehr zurück.
Heiliger Ibis - African Sacred Ibis
(Threskiornis aethiopicus)
Hagedasch-Ibis - Hadeda Ibis (Bostrychia hagedash)
im Hintergrund; Heiliger Ibis vorn
Sudanhornrabe - Abyssinian Ground-Hornbill (Bucorvus abyssinicus)
Sudanhornrabe (männlich oben und weiblich unten)
Spitzschwanzelster - Piapiac (Ptilostomus afer)
Sperbergeier - Rüppell's Vulture (Gyps rueppellii)
Palmgeier - Palm-nut Vulture (Gypohierax angolensis)
Nilgans - Egyptian Goose (Alopochen aegyptiacus)
Spornkiebitz - Spur-winged Plover or Lapwing
(Vanellus spinosus)
Südafrika- oder Grauhals-Kronenkranich - Grey Crowned Crane (Balearica regulorum)
Stanleytrappe - Denham's or Stanley's Bustard
(Neotis denhami)
Höhlenweihe - African Harrier-hawk
(Polyboroides typus)
Scharlachspint - Northern Carmine Bee-eater
(Merops nubicus)
Dennis ging in der Mittagszeit immer auf die Pirsch in die Umgebung, um zu schauen, was er uns noch Schönes zeigen konnte. Er hatte im Sumpf ein Nest der Kronenkraniche entdeckt. Er erzählte uns, dass es am Vortag drei Eier waren, doch nun bereits ein kleines Kücken darin saß. Wir fuhren hin und pirschten uns zu Fuß vorsichtig näher. Es war winzig und das Nest im hohen Gras gut getarnt.
Das Wetter meinte es gut mit uns. Seit wir Kidepo verließen, hatte es nicht mehr geregnet. So blieb es auch die nächsten Tage. Der afrikanische Wettergott hatte wohl großes Einsehen mit uns, dass wir in Uganda auf einer Camping-Safari waren.
Husarenaffe - Patas monkey (Erythrocebus patas)
Auch am zweiten Abend hatten wir die Zeit vertrödelt und die Rückfahrt war erneut ein kurzer Night-Drive. Wir hatten natürlich kein Spotlight dabei. Als wir um eine Kurve fuhren, erspähte Dennis im Lichtkegel der Scheinwerfer einen Löwen, der uns mit seinem eindringlichen Rufen eine kleine Privatvorstellung gab.
Eines der besonderen Highlights in diesen zwei Tagen im Murchison war für uns das ausgiebige Beobachten des Schuhschnabels. Dennis hatte in den Tagen vor unserer Ankunft am Hippo Pool mehrfach drei Jungvögel gesehen. Wir hatten das große Glück, sie bei jedem Game Drive in diesem Gebiet zu finden. Wir stellten immer das Auto ab und pirschten uns zu Fuß näher heran. Bei der Entfernung zu den Vögeln muss man die Fluchtdistanz strikt einhalten. Kommt man ihnen zu nah, fliegen sie auf. Durch ihr Gewicht können sie wohl nur etwa 200 Meter weit fliegen. Würde man es jedoch mehrfach tut, ziehen sie sich in unzugängliches Sumpfgebiet zurück. Nie hätten wir erwartet, Shoebills insgesamt für so lange Zeit im offenen Gebiet beobachten zu können. Es war eine kleine Sensation.
Ein paar Szenen aus dem Leben des Shoebill gefällig?
Die Zeit in unserem Delta-Bushcamp ist wie im Flug vergangen. Wir mussten unsere Zelte abbrechen. Das hieß auch Abschied nehmen von unserem Ranger Dennis - ein Naturbursche durch und durch, dem wir alles erdenklich Gute für die Zukunft wünschten. Um 07:00 Uhr wurden wir an der Campsite zu einer privaten Bootssafari ins Delta abgeholt. Zunächst schipperten wir bis zum Lake Albert, dann ging es langsam mit vielen Stopps auf dem Victoria Nile bis nach Paraa.
Sattelstorch - Saddle-billed Stork (Ephippiorhynchus senegalensis)
Riesenfischer - Giant Kingfisher
(Megaceryle maxima)
Weißbrustkormoran - White-breasted Cormorant (Phalacrocorax lucidus)
Goliathreiher - Goliath Heron (Ardea goliath)
Als wir in Paraa anlegten, begrüßte uns Hamidu mit "welcome back". Unser Auto war unter einem großen Baum im Schatten geparkt und John stand dahinter und kochte eifrig unser Mittagessen. Wir hatten gerade alles wieder verstaut, als eine dreiste Horde Paviane begann, den Platz zu erobern. Bei uns hatten sie keine Chance mehr, doch es war ein Schauspiel, wie flink sie durch das offene Dach anderer Fahrzeuge auf Beutezug gingen.
Schon im Kindesalter lernen die Kleinen, wie man ein Dieb wird.
Die Mittagspause verbrachten wir in der Paraa Safari Lodge. 14:00 Uhr waren wir zurück an der Anlegestelle. Der Käpten der Paraa Lodge machte das Boot bereits startklar. Hamidu hatte uns noch den Hinweis gegeben, auf der linken Seite unsere Plätze einzunehmen. Dann stellte er sich mit dem Auto an der Fähre an. Ein kurzer Nieselregen war bis zum Ablegen des Boots schon wieder vorbei. Für uns folgte nun der zweite Teil einer Bootstour auf dem Victoria Nile - die Fahrt zu den Murchison Falls.
Fähre in Paraa über den Victoria Nile
Nimmersatt - Yellow-billed Stork (Mycteria ibis)
Hagedasch-Ibis im Flug; Goliathreiher vorn
Wassertriel - Water Dickkop or Thick-knee (Burhinus vermiculatus)
Hippos, Krokodile, auch Warzenschweine, Kops und Wasserböcke sowie jede Menge Vögel tummelten sich im Wasser und an Land. Für Büffel und Elefanten war es wohl nicht die richtige Zeit. Sie hatten genug andere Wasserquellen im Park oder es war einfach noch zu früh. Unsere Bootsfahrt endete am Fuß der Wasserfälle. Wir durften nun bis zur Oberkante der Fälle wandern. So hatten wir die Möglichkeit, die wunderschönen Murchison Falls ausgiebig aus verschiedenen Blickwinkeln zu genießen.
Die Murchison Falls - von 1972 bis 1990 war die offizielle Bezeichnung "Kabalega Falls" - wurden nach Robert Murchison, Vorsitzender der Royal Geographical Society, benannt. Die Hauptfälle bestehen aus einer nur sieben Meter breiten Felsschlucht, in die der Victoria Nile 42 Meter in die Tiefe stürzt. Die Nebenfälle bestehen aus mehreren Kaskaden mit bis zu 28 Metern Tiefe. Pro Sekunde stürzen 300 Kubikmeter Wasser über die Felskanten. Die Geräuschkulisse der Wassermassen ist sehr beeindruckend.
Hamidu und John hatten unsere Zelte bereits fertig aufgebaut und eingerichtet. Sie hatten die hintere der beiden Campsites ausgewählt. Sie ist frei von den Tagesbesuchern an den "Top of the Falls". Der Kaffee war fertig und heißes Wasser für eine Buschdusche stand bereit - ein Service wie im fünf Sterne Hotel.
Blick auf den Victoria Nile von der Campsite "Top of the Falls"
Am nächsten Morgen verließen wir schweren Herzens den Murchison Falls National Park über das Kichumbanyobo Gate. Unser Weg führte uns zunächst über Masindi und Hoima nach Fort Portal zum Einkaufen. Dann ging es noch ein Stück weiter zum Kibale Forest.
Muzizi River - Grenzfluss zwischen den Kingdoms Bunyoro und Toro
Reisen Sie mit uns weiter durch Uganda
und begleiten Sie uns auch in den Lake Mburu National Park. Es lohnt sich.
Hier geht es weiter zum 4. Teil unserer Tour