"Malasso-Eco Project am Losiolo Escarpment" - ein Name, der ganz zu Unrecht noch wenig bekannt ist. Es war jedoch das Etappenziel unseres ersten Transfer Tages zurück vom Lake Turkana in Richtung Süden.
Ein erster Blick auf die Nyiru Range
Wir stoppten am Camp der Bauarbeiter vom Windpark bei Siriwa. Trotz Doppeltank und zusätzlichen Kanistern wollte Zarek auf Nummer sicher gehen, dass unser Diesel bis Maralal reichen wird. Es ist wohl hier oben im Norden im Moment der einzige Platz, wo es halbwegs sauberen Diesel geben soll. Zwanzig Liter eiserne Reserve geben einem in so einsamen Gegenden immer ein sicheres Gefühl.
links Ol Doinyo Mara, rechts die Nyiru Range
Wir verliessen die für die Belieferung des Windparks neu gebaute Straße nach rechts in Richtung South Horr. Vor uns lagen zur Linken der Ol Doinyo Mara und zur Rechten das riesige Bergmassiv des Mount Nyiru. Die Piste verläuft landschaftlich sehr reizvoll zwischen den beiden Bergen hindurch. South Horr, eine langgestreckte Siedlung der Samburu, liegt malerisch in einem grünen Bergtal. Immer wieder waren Hirten mit ihren Tieren zu sehen, sowohl auf dem Weg zu einer Wasserstelle als auch unter den Schatten spendenden Akazien. Der Ort ist ein Mix aus traditionellen Hütten, kleinen Läden und ersten neueren Häusern.
Das Tal kurz hinter South Horr
Weit waren wir nicht gekommen, gerade einmal eine Viertelstunde gefahren, da war der nächste Fotostopp fällig, denn die Szenerie hatte sich stark verändert.
Es war der Abzweig zur Desert Rose Lodge, der einzigen luxuriösen Lodge im Norden von Kenya, der uns erneut auf unserem Weg Richtung Maralal zum kurzen Verweilen einlud. Wir stiegen eine kleine Anhöhe hinauf und konnten so ein 360° Panorama geniessen.
360° Rundblick am Abzweig zur Desert Rose Lodge
Der Blick am Abzweig zur Desert Rose Lodge auf 2x 180° aufgeteilt
Die Desert Rose Lodge soll idyllisch auf einem kleinen Plateau an den südlichen Ausläufern des Mount Nyiru liegen - doch nichts für unseren Geldbeutel. Der Mount Nyiru ist für die Samburu der wichtigste ihrer heiligen Berge. Bisher wurden über 600 verschiedene Pflanzen am Mount Nyiru identifiziert. Viele davon werden von den Samburu heute noch auf unterschiedliche Art genutzt. Wer mehr dazu erfahren möchte, findet weitere Infos in einem interessanten Artikel von Rainer W Bussmann "Ethnobotany of the Samburu of Mt. Nyiru".
Unsere treuen Weggefährten am Abzweig zur Desert Rose Lodge: von links nach rechts Vincent, Zarek und Mike
Ein großer Baum am Ortseingang von Baragoi war der Platz für unseren Lunch Break. Es war zwar noch etwas früh, doch wollte Mike aus Sicherheitsgründen auf der weiteren Strecke durch die Elbarta Plains auf keinen Fall stoppen. Die Elbarta Plains sind traditionelles Weideland der Samburu. Seit Jahrzehnten kommt es zu bewaffneten Konflikten zwischen Samburus und immigrierten Turkanas in dieser Region. Wasser, Weide und Viehdiebstahl sind die Hauptgründe. Jeder Warrior trägt hier ein AK47. In Marti gibt es zwar eine größere Polizeistation, doch es wird wenig getan, um die Konflikte zu befrieden - ein wenig Korruption beschert den Officers in der Abgeschiedenheit ein angenehmeres Leben, als die Probleme anzugehen.
Die Landschaft änderte sich erneut total. Aus den Plains kommend führte die Piste nun stetig bergauf zum Loroghi Plateau.
Auf dem Weg zum Loroghi Plateau
Auf dem Plateau angekommen, wurden wir erneut überrascht. Felder mit von der Sonne gefärbtem goldenen Weizen; fettes Vieh, dass von den sattgrünen Weiden nach Hause getrieben wurde; ein kleiner Traktor, der von seinem Einsatz zurück auf den Hof ratterte - wenn wir nicht wüssten, dass wir in Kenya waren, es hätte auch ein Bergdorf in Europa sein können. Wir waren in Poror angekommen. Nach rechts zeigte ein Schild zu unserem Etappenziel Malasso. Kurze Zeit später erreichten wir das Gate. Bevor Zarek die Formalitäten erledigen konnte, hörten wir, wie schon so oft auf unserer Tour, die erstaunten leisen Rufe "Jesus is coming". Zareks Bart und die langen Haare, es war halt etwas ungewöhnlich für die lokale Bevölkerung. Ab dem Gate ging es noch ein, zwei Kilometer über eine ebene grüne Wiese, dann kam das Ende. Das Ende unserer Tagesetappe war zugleich das Ende des Loroghi Plateaus in westliche Richtung. Was kam danach? "World's End". Es ist ein View Point, doch nicht irgendeiner von vielen. Dem Besucher öffnet sich einer der spektakulärsten Panoramablicke ins Great Rift Valley - atemberaubend schön.
Blick von "World's End" am Losiolo Escarpment ins Great Rift Valley
Sprachlos und gefesselt von der Schönheit standen wir vor dem höchsten vertikalen Abfall des Great Rift Valley. An die 2.000 Meter stürzen die Berge fast senkrecht in die Tiefe. Das Ganze ist eingebettet mit Schluchten, Berggipfeln, Cliffs und Ebenen. Bei guter Fernsicht kann man wohl als hell gebleichtes Band das Suguta Valley und darüber hinaus in schwachem Blau den Lake Turkana am Horizont erkennen. Unten im Tal ist das Land der Pokot.
Es war erst 15:00 Uhr. Vincent hatte uns inzwischen Kaffee gekocht. Nun hatten wir einen Platz in der Sonne mit unserem Kaffee, den traumhaften Blick ins Rift Valley und angenehme Temperaturen auf Grund der Höhenlage - was kann schöner sein am Ende eines staubig heißen Fahrtages.
Eine Stunde später hatte sich die Sicht ins Tal stark verbessert. Die Sonne strahlte die Berghänge an. Unser Camp Attendant fragte uns, ob wir Lust hätten, eine Samburu Hochzeit zu besuchen. Die Samburu Warrior würden um diese Zeit tanzen. Klar - wollten wir das, ohne eine Vorstellung zu haben, was uns erwartete.
Autos über Autos parkten an der Zufahrt zu einem großen Platz am Dorfrand. Niemand störte sich an unserer Anwesenheit. Vorn war ein großes Zelt aufgebaut, dahinter ein freier Platz ebenfalls voll Menschen. Wir beobachteten das farbenfrohe Treiben zunächst vom Rand der Menge aus. Zu Beginn tanzten die jungen Frauen und die jungen Warrior jeweils in separaten Formationen. Später kamen sie zusammen. Runde um Runde drehten sie nun gemeinsam mit einer tänzerischen Schrittfolge und einer Art a cappella Gesang, zu dem sie rhythmisch in die Hände klatschten. Immer mehr junge Leute schlossen sich dem Tanz an, ob traditionell oder westlich gekleidet, machte da keinen Unterschied. Es ist wohl der Tanz der Verführung der jungen Samburu. Inzwischen waren wir mittendrin in der Menge. Über eine Stunde hatten wir zugeschaut. Ich hatte zwar den Fotoapparat dabei, doch ohne zu Fragen einfach zu fotografieren, das kam für mich nicht in Frage. Wen sollte man aber bei ca. 1.000 Gästen um Erlaubnis fragen? Wir hatten den Moment der Gastfreundschaft genossen und die Bilder sind in unseren Herzen aufbewahrt.
Als wir zurückkamen, mussten wir uns von Mike verabschieden. Er hatte einen Lift nach Maralal gefunden. So konnte er bereits am nächsten Morgen nach Archer's Post zurück fahren. Wir hatten uns herzlichst für seine überaus angenehme Gesellschaft auf diesem Teil der Reise bedankt.
Die Sonne neigte sich mit großen Schritten Richtung Horizont. Es war Zeit für einen Sundowner, um das Farbenspiel vor dieser großartigen Kulisse zu beobachten. Leider war am Horizont eine Wand aus Wolken und Dunst. Als die Sonne verschwunden war, kam Wind auf und es wurde bitter kalt. Wir rückten alle sehr dicht ans Campfire heran.
Der nächste Morgen - blauer Himmel und Sonnenschein. Natürlich hatten wir darauf gehofft, dass das Tal von der aufgehenden Sonne ausgestrahlt wird. Leider gab es da ein nicht bedachtes Problem. Ein dunkler Schatten breitete sich im vorderen Bereich des Tals aus. Wie sollte die Sonne am frühen Morgen auch über die hohe Abbruchkante kommen? Die Fernsicht war dafür gigantisch.
Am Horizont war das erwähnte helle Band zu sehen. Es müsste also das Suguta Valley sein.
Wer mehr Zeit hat, kann mit einem lokalen Guide auf den Berg links vom Viewpoint wandern. Der Blick ins Tal soll von da aus noch extremer sein. Für uns hieß es aber packen. Circa eine Stunde Fahrt bis Maralal zurück in die Zivilisation folgte.
Der Lake Baringo ist nach dem Lake Turkana der nördlichste der kenianischen Seen im Rift Valley. Es ist einer der beiden Süßwasserseen mit einer Wasserfläche von etwa 130 km². Der See wird von mehreren Flüssen gespeist, ein oberirdischer Abfluss fehlt jedoch. Man nimmt an, dass es einen unterirdischen gibt, da das Gewässer sonst längst versalzen wäre. Mit über 470 Vogelarten ist es einer der Hotspots für Birder in Kenya und "Ramsar Site" (Feuchtgebiet, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel von internationaler Bedeutung).
Eigentlich wollten wir im Roberts' Camp zelten - dies ist auch weiterhin möglich - doch der Anblick der zerstörten Gebäude am Ufer, bedingt durch das seit 2013 anhaltende Hochwasser des Sees, schreckte uns ein wenig ab. Einige Wochen vor Reiseantritt hatten wir kurzerhand umdisponiert. Nach all den Tagen Hitze, Staub und Basic Camping im Norden Kenyas wollten wir uns ein paar Stunden Luxus gönnen. Die recht neue Tumbili Cliff Lodge, fünf Meter oberhalb des Wasserspiegels auf Felsen am Ufer gelegen, wurde so unser nächstes Etappenziel.
Tumbili Cliff Lodge - Ein traumhafter Platz, um die Seele baumeln zu lassen.
Von Maralal ging es über Kisima, Suguta Marmar, Churo, Tangulbei und Loruk an das Westufer des Lake Baringo. Eigentlich waren es nur 160 Kilometer, doch die Pisten sind nicht die Besten. Gegen 14:00 Uhr hatten wir unser Ziel erreicht. Wir wurden herzlich in der Tumbili Cliff Lodge empfangen. Wir waren die einzigen Gäste an diesem Tag. Ein verspäteter Lunch mit einem kühlen Drink folgte. Dann nahmen wir unsere Zimmer in Augenschein - ein Traum. Natürlich musste später auch der Pool ausprobiert werden. Die Strapazen der letzten Tage waren schnell vergessen.
Sonnenaufgang am Lake Baringo
Ein neuer Tag erwachte mit einem traumhaften Sonnenaufgang am Lake Baringo. Kurze Zeit später holte uns ein Boot ab. Den See und seine reiche Vogelwelt sollte man auf jeden Fall von Wasser aus erkunden. Die ersten Stunden des Tages sind dafür bestens geeignet. Joseph Aengwo, einer der besten Bird Guides in Kenya, begleitete uns auf unserer zweistündigen Bootstour. Zarek und Joseph kennen sich gut. Sie waren zuletzt mit Arjan Dwarshuis, einem jungen Holländer, zusammen in Kenya unterwegs für sein "Biggest Year 2016".
Ein Nilwaran beim morgendlichen Sonnenbad war der Auftakt unserer Bootstour - nur wenige Meter von der Lodge entfernt. Dann kam die Zeit für unsere gefiederten Freunde. Für sie scheinen die vielen abgestorbenen Bäume im Wasser ein richtiger Segen zu sein - ein toller Rastplatz mit bester Aussicht auf die nächste Mahlzeit.
Riedscharbe - Long-tailed Cormorant (Microcarbo africanus)
Afrikanische Schlangenhalsvogel - African Darter (Anhinga rufa)
Madagaskarspint - Madagascar Bee-eater or Olive Bee-eater (Merops superciliosus)
Graufischer - Pied Kingfisher (Ceryle rudis)
Kardinalspecht - Cardinal Woodpecker (Dendropicos fuscescens)
Helmstar - Bristle-crowned Starling
(Onychognathus salvadorii)
Haubenzwergfischer - Malachite Kingfisher
(Corythornis cristatus)
Graureiher - Grey Heron (Ardea cinerea)
Goliathreiher - Goliath Heron (Ardea goliath)
Blaustirn-Blatthühnchen (African Jacana) liefen über die Schwimmpflanzen und suchten nach Insekten. Kormorane (Great Cormorant) warteten auf ihrem Ast, bis das Frühstück unter ihnen im Wasser vorbei schwamm. Ein Rallenreiher (Squacco Heron) schaute kurz aus dem Schilf hervor. Witwenstelzen (African Pied Wagtail) sonnten sich auf einem alten Stromkabel. Vor Roberts' Camp dösten Hippos zwischen den Baumstämmen im Wasser. Maskenweber (Southern Masked-Weaver) hatten ihre kugeligen Grasnester in den Bäumen gebaut. Ein Krokodil schaute kurz aus dem Wasser.
Fischer vom Volk der Njemps mit traditionellen Boot, gefertigt aus dem extrem leichten "Ambach"-Holz
Wir steuerten langsam auf einen Fischer zu. Joseph kaufte ihm seinen Fang ab. Leider war es an diesem Morgen nur ein einziger Fisch. Für das, was nun folgte gab es also nur einen Versuch. Auf einem Baum saß ein Schreiseeadler (African Fish Eagle). Ein kurzer Pfiff, um die Aufmerksamkeit zu wecken, und die Beute geschwenkt. Dann schmiss Joseph den Fisch ins Wasser. Binnen Sekunden war der Schreiseeadler da und holte sich die leichte Beute. Es ging wahnsinnig schnell, hatte aber dennoch für ein Foto gereicht.
Schreiseeadler - African Fish Eagle (Haliaeetus vocifer) mit seiner Beute
Im Hintergrund sieht man die abgestorbenen Bäume und verfallene Gebäude durch den hohen Wasserstand des Lake Baringo - kein allzu toller Anblick und für die Besitzer eine Katastrophe.
Wir indes schipperten langsam zurück zur Lodge. Nach einem leckeren Frühstück verabschiedeten wir uns. Am Abend wollten wir in Kitale sein.
Reisen Sie mit uns weiter in den Westen von Kenya
und begleiten Sie uns auch in den Mara Triangle. Es lohnt sich.